Ortenauer Angelvereine rechnen mit zunehmendem Fischsterben

Aufnahmen der Unditz von September 2022

Der rekordträchtige Sommer hat Spuren hinterlassen: Noch heute haben Gewässer mit Niedrigständen zu kämpfen – auch in Lahr.
Angler berichten auch über Fischsterben, das aber nicht so gravierend war wie andernorts in Baden-Württemberg.

Lahr – Angelvereine haben in diesem Sommer Alarm geschlagen – so beispielsweise in Oberschopfheim. Dort musste die Freiwillige Feuerwehr Friesenheim im August ausrücken, um einen Baggersee umzuwälzen. Der Grund: Hitze und Wassermangel hatten dem See und damit den Fischen den notwendigen Sauerstoff geraubt (wir berichteten). Unsere Redaktion hat bei den Angelvereinen im Raum Lahr nachgefragt, ob auch in ihren Seen so ein Notstand drohte und ob sie im kommenden Jahr sogar mit noch größeren Problemen rechnen.

Angelverein Lahr-Kinzigtal: „Die Hitze hat den Fischen mit Sicherheit geschadet“, berichtet der Vorsitzende Gerard Arnold auf Nachfrage. „Hier und da haben wir schon tote Fische aus dem Wasser geholt.“ Der Grund dafür liege beim geringen Sauerstoffgehalt der Gewässer. „Wenn der Wasserstand niedrig ist, wird es für die Fische gefährlich – Niedrigwasser macht sich besonders beim Bruckhirschweiher in Langenwinkel bemerkbar“, ist sich der Experte sicher. In der Kinzig habe man sogar mehrere tote Aale gefunden – ein Normalfall sei das nicht: „Es ist definitiv schlimmer als früher, dieser Sommer war extrem und ich weiß nicht, wie es nächstes Jahr aussehen soll. Wir sind im Klimawandel – da braucht man sich nichts vorzumachen, das ist so“, stellt Arnold fest. Maßnahmen, um Niedrigwasser entgegenzuwirken, habe man keine vorgenommen: „Man müsse Sauerstoff in den See pumpen oder ihn umwälzen, doch dafür fehlen uns die Mittel. Wenigstens hat es die Tage ausgiebig geregnet.“

Angelverein Ichenheim: Dieses Jahr habe man keine Probleme bei Seen oder Flüssen feststellen können – „nur kleinere Bäche wie die Unditz sind zeitweise an einigen Abschnitten trocken gewesen“, erklärt Igor Kos, Naturbeauftragter des Angelvereins Ichenheim. Das habe zwar kein Fischsterben zur Folge gehabt, doch der Experte bleibt vorsichtig: „Man muss in Zukunft damit rechnen, zumindest sollte man darauf vorbereitet sein und Maßnahmen ergreifen, bevor es zum Fischsterben kommt.“ Das habe man im Angelverein auch getan – so wurde zu jedem Gewässer ein spezifischer Notfallplan entworfen. Zudem beteilige man sich an einer Aktion des Landesfischereiverbands: „Wir haben in Ichenheim fünf Temperaturlogger installiert. Sie erfassen alle drei Minuten die Wassertemperatur und speichern diese ab“, erklärt Kos. Insgesamt habe man bereits 150 Temperaturlogger in Gewässern am Hochrhein angebracht, die die Wassertemperatur überwachen.

Angelverein Meißenheim: Auch der Angelverein Meißenheim hat Vorsichtsmaßnahmen ergriffen: „Unsere Jugendfeuerwehr hat im Rahmen von regelmäßigen Übungen das Wasser in unseren Angelweihern umgewälzt. Da die Angelweiher am Fließgewässer angeschlossen sind, haben wir einen ständigen Eintrag an Frischwasser und somit auch dort aktuell keine Probleme“, erklärt der Vorsitzende, Sebastien Tricard.

Landesfischereiverband Baden-Württemberg: Geschäftsführer Ingo Kramer ist sich sicher: „Die Zahl der Fischsterben in Baden-Württemberg wird zunehmen, wenn der Hitze-Trend der vergangenen Jahre weitergeht.“ Bereits in diesem Jahr gebe es in baden-württembergischen Seen ein Fischsterben, „teilweise sogar verheerende“, stellt Kramer fest. Doch nicht nur in Seen – besonders in Flüssen sei das Ausmaß des Fischsterbens groß: „In den Fließgewässern, die ausgetrocknet sind, sind die meisten Fische verendet. Das ist ein ökologischer Totalschaden, der Jahre braucht, um auf natürlichen Wege wieder ausgeglichen zu werden.“ Wie sich das auf die Population einzelner Fischarten auswirkt, könne erst in einigen Jahren gesagt werden. Dennoch ist sich der Experte sicher: „In den nächsten Jahrzehnten wird es eine starke Veränderung bei der Zusammensetzung der Fischbestände geben.“ Um den Fischen die Hitze erträglicher zu machen, werden Niedrigwasserrinnen und tiefere Kolke – auch Pools genannt – benötigt. Das sind Vertiefungen im Gewässer, in denen die Tiere auch bei Trockenheit überleben können. „Das ist in fast allen Fließgewässern dringend nötig und wird noch viel zu wenig umgesetzt“, berichtet der Geschäftsführer des Landesfischereiverbands. Zudem sei die Beschattung der Gewässer notwendig: „An jedem Fließgewässer und möglichst auch an den Seen sollten größere Sträucher und Bäume gepflanzt werden, um die Sonneneinstrahlung zu verringern.“ Mit diesen Maßnahmen hätten die Fischer bessere Überlebenschancen.

Verband der Landesfischer

Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg ist ein Zusammenschluss von rund 800 Fischereivereinen und insgesamt über 75000 Anglern. Die Ursprünge gehen bis in das Jahr 1892 zurück.
Heute ist er ein anerkannter Naturschutzverband und arbeitet mit Behörden und anderen Naturschutzverbänden zusammen.

Quelle: Christopher Piskadlo / Lahrer Zeitung vom 23.09.2022
–> zum Originalbeitrag der Lahrer Zeitung